Von unterwegs gekaut: Das Hohe Venn in Ostbelgien
Das Naturschutzgebiet Hohes Venn in Belgien feiert in diesem Jahr sein 60-jähriges bestehen. Das 4.500 ha große Gebiet liegt als Hochfläche an der deutsch-belgischen Grenze. Dieses Hochplateau bildet die erste natürliche Grenze für Wolken, die vom im Westen liegenden Atlantik nach Osten ziehen. Daher ist die durchschnittliche Niederschlagsmenge (1.400 – 1.500 mm pro Jahr und Quadratmeter) im Hohen Venn besonders hoch.
Der höchste Berg der Hochfläche – die Botrange (694 m ü. NHN) – ist gleichzeitig die höchste Erhebung Belgiens. Da das Hohe Venn wasserundurchlässige Bodenschichten aufweist, fließt hier weniger Wasser ab als hinzukommt. Diese Bedingungen förderten seit der letzten Eiszeit die Entstehung eines Hochmoores.
Aus einer Naturlandschaft wurde eine Kulturlandschaft
Große Teile des Naturschutzgebietes Hohes Venn sind Hochmoorflächen, die noch vor tausend Jahren mit Laubwäldern bedeckt waren. Diese Wälder wurden im Mittelalter abgeholzt, die Flächen beweidet und Torf gestochen. Aus der Waldlandschaft wurde eine Heidelandschaft.
Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert gab es erneut große Veränderungen im Hohen Venn. Die Menschen benötigten viel Holz zum Heizen, Bauen und zur Stromgewinnung. Sie entwässerten das Moor großflächig und pflanzten schnell wachsende Fichten an. Noch heute stehen viele Fichten im Hohen Venn, die nach und nach im Zuge der Renaturierung der Moorflächen entfernt werden.
Ende des 19. Jahrhunderts begann man mit dem Bau von Talsperren, um das kalkfreie Vennwasser hauptsächlich für die Textilindustrie zu nutzen.
Im 20. Jahrhundert trat die touristische Nutzung des Hohen Venns in den Vordergrund. Gleichzeitig machte sich die Organisation “Les amis de la Fagne” (Vennfreunde) stark für den Schutz des sensiblen Ökosystems. Sie informierten die Menschen über eine Zeitschrift und durch geführte Wanderungen über die Besonderheiten des Hochmoores.
Die Aktivitäten der Vennfreunde lohnten sich: 1957 wurde das Naturschutzgebiet Hohes Venn gegründet.
Renaturierung, Naturschutz und Tourismus
Seit der Gründung des Naturschutzgebietes gab es mehrere Renaturierungsmaßnahmen. So wurden in den Jahren 2007 bis 2011 beispielsweise mehr als 1.400 ha Heide- und Moorflächen durch das LIFE-Projekt “Hohes Venn” renaturiert. Über diese Maßnahmen informieren Infozentren im Hohen Venn, Naturführer, Infotafeln und verschiedene Medien.
Sanfter Tourismus im Einklang mit der Natur ist das Thema des Naturparks Hohes Venn. Daher ist das Naturschutzgebiet aufgeteilt in B-, C- und D-Zonen. In B-Zonen ist das Betreten nur auf markierten Wegen erlaubt, C-Zonen dürfen nur in Begleitung eines anerkannten Wanderführers betreten werden und bei den D-Zonen ist das Betreten völlig untersagt.
Holzbohlenwege führen ins Moor
Besonders schön ist die Erkundung des Moores auf den zahlreichen Holzbohlenwegen. Der Wanderer befindet sich zwar mitten im Moor, richtet aber keinen größeren Schaden an.
Die unbehandelten Bohlen aus Lärchenholz halten bei der extremen Witterung durchschnittlich 10 bis 15 Jahre. Da die Pflege dieser Holzbohlenwege viel Handarbeit erfordert und dementsprechend kostenintensiv ist, können nicht immer alle Wege sofort erneuert werden. So treffen Wanderer an einigen Stellen auf zerstörte und verrottete Holzbohlenwege.
Ein Teil der häufig frequentierten Holzbohlenwege wurde mittlerweise durch pflegearme Schotterwege oder einfache Erdwege ersetzt.
Aktuell werden an vielen Stellen im Polleur-Venn kleinere Holzbohlenwege erneuert. Die Provinz Lüttich und die Wallonische Region haben gerade ein Investitionsprogramm gestartet, um mehr Touristen ins Hohe Venn zu locken.
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